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Kommentar

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Betrag vom 13.06.2003
Betreff: Offene Wirtschaft
von: Heiner Flassbeck
E-mail: mail@flassbeck.de


Sehr geehrter Herr Krauss,

Vielen Dank für Ihre Anfrage. Die These, eine Ankurbelung der Nachfrage bringe keine Beschäftigungseffekte im Inland, ist so alt wie falsch. In einem Land, das wie Deutschland am Weltmarkt äusserst erfolgreich ist, ist sie geradezu abwegig.

Natürlich profitieren auch andere Länder von einer Wachstumsbeschleunigung im Inland, wie wir in den 90er Jahren vom hohen Wachstum in den USA profitiert haben. Hätten die USA deswegen auf Wachstum verzichten sollen, weil andere - wegen des hohen Dollarkurses - sogar überproportional davon profitierten? Bei einem etwas höheren Offenheitsgrad der deutschen Wirtschaft im Vergleich zu den USA sind die Effekte für andere Länder u. U. etwas grösser, dennoch bleibt selbst unter ungünstigen Umständen auf jeden Fall ein hoher Netto-Effekt für das Inland. In Deutschland sind die Umstände aber sehr günstig, weil die Hauptnutzniesser im europäischen Wirtschaftsraum sitzen würden, von dessen - von Deutschland initiierter - Belebung Deutschland selbst wieder profitieren würde.

Besser als ein nationales Programm zur Belebung der Konjunktur wäre freilich ein europäisches Programm oder eine koordinierte Aktion der grossen Länder. Dann würden ohne weiteres Netto-Effekte erzielt wie in den USA.

Uebrigens, wie Sie zu Recht anführen, auch bei angebotsorientierten Massnahmen, die zu höherem Wachstum führten, stiegen die Importe und der Netto-Effekt wäre geringer als der erhoffte Brutto-Effekt. Von solchen Kleinigkeiten lässt sich aber ein guter Angebotsideologe nicht beirren in seinem Kampf gegen den bösen Keynesianismus.

Mit den besten Grüssen

Heiner Flassbeck